Rauheitsmessung mit KMGs

Die fertigungsnahe Rauheitsmessung mit dem Sensor WM | RS-T an WENZEL Koordinatenmessmaschinen.

Bedeutung der fertigungsnahen Rauheitsmessung

Die fertigungsnahe Messung von Rauheit gewinnt zunehmend an Bedeutung. Im Zusammenhang mit der Messung von Zahnrädern sind Rauheitskenngrößen beispielsweise von großem Interesse, da sie nicht nur die Oberflächentopografie im Mikro- und Nanometerbereich beschreiben, sondern auch das Laufverhalten von Getrieben mit charakterisieren.

Neben der Rauheit spielt auch die Welligkeit eine Rolle. Diese unterscheidet sich von der Rauheit primär im betrachteten Ortsfrequenzbereich. Die Ortsfrequenzbereiche werden nach DIN EN ISO 21920 (ehemals DIN EN ISO 4287 und DIN EN ISO 13565) durch Anwendung profilbasierter Gaußfilter separiert.

Es stellt sich die Frage, inwiefern auch klassische Koordinatenmessgeräte zur Messung der Welligkeit und Rauheit sowie der entsprechenden Kenngrößen eingesetzt werden können.

Entwicklung von KMGs für Rauheitsmessung

Neben der taktilen Messanwendung wurden KMGs in den vergangenen Jahren insbesondere für optische Messaufgaben ertüchtigt. In diesem Zuge wurde die bereits solide Maschinenbasis weiter optimiert, um den steigenden Anforderungen hinsichtlich Genauigkeit, Messgeschwindigkeit und Multi-Sensorik gerecht zu werden.

Es wurde so eine Basis geschaffen, die grundsätzlich um die Rauheit, als zusätzliches Feature, erweitert werden kann.

Systemarten taktiler, profilbasierter Rauheitsmesssysteme

Bei den taktilen, profilbasierten Rauheitsmesssystemen wird grundsätzlich zwischen zwei Systemarten unterschieden:

  • Gleitkufen-Systemen
  • Freitragenden Systemen

Funktionsweise von Gleitkufen-Systemen

Beim Gleitkufen-System wird die Objektoberfläche mittels Gleitkufe morphologisch vorgefiltert (vgl. Rauheitsmessung auf WENZEL-Messmaschinen mit dem REVO-Sensor RFP2 des Herstellers Renishaw). Die Rauheitsmessspitze stützt sich dabei gegen die Rauheitsmesskufe ab, woraus ein sehr kleiner Messkreis resultiert.

Durch den Einsatz von Gleitkufen-Systemen werden die Anforderungen an das positionierende Basis-Messsystem drastisch reduziert. Das Regelverhalten der Maschine und externe Schwingungseinflüsse sind weniger relevant, da eine geringfügige, zeitliche Abweichung der Position durch die referenzierte Gleitkufe ausgemittelt werden kann.

Die Form der Oberfläche wird durch das morphologische Filter (die Gleitkufe) bereits entfernt. Die Rauheitsmessspitze folgt damit der Kontur des zu messenden Profils. Voraussetzung ist, dass die KMG eine hinreichend genaue Vorpositionierung vornehmen kann.

Eine normgerechte Auswertung gängiger Rauheitsparameter wie Ra oder Rz ist beispielsweise möglich.

Einschränkungen der Gleitkufen-Systeme

Jedoch geht mit der Wechselwirkung eine unerwünschte Verfälschung des Messergebnisses insbesondere im mittleren und langwelligen Ortsfrequenzbereich einher. Durch die Filterwirkung wird die Erfassung der Welligkeit und der Form verfälscht, sodass eine normgerechte Auswertung, beispielsweise der W- und P-Parameter nach DIN EN ISO 21920, nicht mehr uneingeschränkt möglich ist.

Insbesondere die W-Parameter sind allerdings für das Geräuschverhalten entscheidend (vgl. FFT-Analyse der WENZEL Metrology GmbH). Auch eine Auswertung der abbott-basierten Parameter wie Rv, Rp und Rk (ehemals DIN EN ISO 13565) ist nicht mehr ohne weiteres möglich.

Welligkeit und Rauheit eines Normals (Ra = 1,6 µm) und profilbasierte FFT-Analyse

Vorteile freitragender Systeme

Um diese Parameter möglichst unverfälscht abbilden zu können, sollte daher auf den Einsatz von Gleitkufen verzichtet und auf freitragende Rauheitsmesssysteme zurückgegriffen werden.

Aus diesem Grund setzt die WENZEL Metrology GmbH – als Alternative zum Gleitkufen-System – auf ein freitragendes Messsystem in Form des Sensors WM | RS-T.

Der freitragende Rauheitssensor verzichtet auf den Einsatz einer Gleitkufe und bildet das Messprofil der Oberfläche möglichst unverfälscht ab. Die einzigen Abweichungen resultieren aus der unvermeidbaren Interaktion der Rauheitsmessspitze mit dem Messobjekt und dem Regelverhalten der Maschine.

Arbeitsweise des Sensors WM | RS-T

Das Primärprofil, als Grundlage der Messung, kann dabei aus der Koordinatenmessmaschine oder dem Sensor selbst resultieren. Bei einer Bewegung der Maschine sind die Anforderungen an die Maschinenbasis ungleich höher und insbesondere abhängig von deren Bauform.

Die Güte der Maschinenbasis und das Zusammenspiel von Maschine (Mechanik) und Controller (Regler) sind somit entscheidend.

Bei Messungen mit dem Sensor WM | RS-T wird die Maschine in einer unveränderlichen, geregelten Position gehalten. Die Anforderungen an das Regelverhalten der KMG werden damit reduziert, weshalb auch KMGs mit großem Messkreis für Messungen mit diesem Sensortyp in Frage kommen.

Die erforderliche Vorschubbewegung zur Messung des Primärprofils (als Grundlage der Welligkeits- und Rauheitsanalyse) wird dabei durch eine im Sensor integrierte Vorschubachse realisiert. Damit wird eine hohe Positionsgüte durch eine homogene Bewegung der Rauheitsmessspitze sichergestellt.

Verzicht auf Referenzkugeln

Im Gegensatz zu Systemen des Mitbewerbs wird bewusst auf die Verwendung einer sensorseitigen Referenzkugel zur Abstützung des Messsystems verzichtet.

Die Abstützung mittels solcher Kugeln soll den Messkreis reduzieren und Maschineneinflüsse minimieren. Sie stellt in gewissem Maße einen Kompromiss zwischen freitragendem System und Gleitkufe dar.

Die Notwendigkeit zum Einsatz eines solchen Hilfsmittels wird seitens der WENZEL Metrology GmbH jedoch nicht gesehen, zumal ein entscheidender Punkt gegen deren Einsatz spricht: Die Zugänglichkeit.

Linke Abbildung: WM | RS-T auf einer GT 450 Verzahnungsmessmaschine
Rechte Abbildung: Rauheitsmessspitze im Zahnflankeneingriff

Vorteile für komplexe Messaufgaben

Durch den Verzicht des Einsatzes einer sensorseitigen Referenzkugel können mit der Sensorik auch Messobjekte unter schwierigen, geometrischen Randbedingungen erfasst werden.

Solch geometrische Schwierigkeiten ergeben sich beispielsweise bei der radialen Welligkeits- und Rauheitsmessung auf Zahnradflanken bei besonders kleinen Modulen (Modul 2 oder kleiner).

Bei einer solchen Messaufgabe wird der Messbereich durch die seitlich angebrachten Referenzkugeln unter Berücksichtigung des erforderlichen Hubs der Rauheitsnadel zusätzlich eingeschränkt.

Flexibilität durch Achssysteme

Hinzu kommt ein entscheidendes Kriterium, das insbesondere für die WENZEL Metrology GmbH von Bedeutung ist:

Der Rauheitssensor WM | RS-T verfügt über zwei Rotationsachsen (R- & T-Achse), die stufenlos im Bereich 0° bis 360° bzw. -90° bis +90° bewegt werden können, um so eine bestmögliche Positionierung gegenüber dem Werkstück erreichen zu können.

Kombiniert mit einer Rundtischachse (C) sowie den standardmäßig verfügbaren Koordinatenachsen (XYZ) ergeben sich insgesamt 6 Positionierachsen, die alle räumlichen Freiheitsgrade abdecken – perfekt u.a. für zahnradbezogene Messaufgaben auf GT-Maschinen.

Integration in bestehende Systeme

Der Sensor WM | RS-T wird dabei softwareseitig nicht als Sensor, sondern als Messkopf behandelt, der durch eine eigens entwickelte Wechselschnittstelle beispielsweise auch automatisch gegen einen scannend messenden Taster (z. B. Renishaw SP600) eingewechselt werden kann.

Um einen solchen Messkopf in das Koordinatensystem der Messmaschine einmessen zu können, ist es erforderlich, das System mit verschiedenen Schwenkstellungen an einer Kalibrierkugel einzumessen. Das Vorgehen ist dabei vollkommen analog zu bereits bekannten Messköpfen wie dem Renishaw PH10-M oder PHS-2.

Zu diesem Zwecke verfügt der Sensor WM | RS-T unter anderem über die Möglichkeit der Erfassung von Einzelmesspunkten.

Fazit

Mit dem WM | RS-T wird eine Koordinatenmessmaschine auf einfache Weise in ein Rauheitsmessgerät verwandelt. Die Integration in die Anwender-Software WM | Quartis R2025-2 ist dabei selbstverständlich und eröffnet vielfältige Möglichkeiten für rauheitsbasierte Messaufgaben in der nahen Zukunft.

Autor

Dr.-Ing. François Torner
Leiter Systementwicklung

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