Quality 4.0

Intelligente Lösungen für die Koordinatenmesstechnik

Die ‚Metrology News‘ sprach kürzlich mit Dr. Heike Wenzel, CEO der WENZEL Group, über die zukünftige Rolle der drei dimensionalen Koordinatenmesstechnik in der neuen Ära der intelligenten Fabriken und nahtlosintegrierten Fertigungsprozesse.

 

F: Das Zeitalter der intelligenten Fertigung ist angebrochen. Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Rolle des Koordinatenmessgeräts mit der Anpassung der Fertigung an die Qualität4.0 verändern?

A: Intelligente Fertigung zeichnet sich aus unserer Sicht vor allem durch den flexiblen Einsatz aller verfügbaren Ressourcen und die erweiterte Nutzung aller verfügbaren Daten zur internen und externen Kommunikation aus. Als einer der Qualitätsführer in der Herstellung von flexiblen und hoch genauen Koordinatenmessgeräten fühlt sich WENZEL im Bereich Qualität 4.0 sehr wohl und sieht eine zunehmende Bedeutung. Unsere Systeme helfen unseren Kunden bei der Wareneingangsprüfung, direkt in der Fertigung oder in Messräumen. Wir sorgen für Prozessstabilität und ermöglichen jede Stufe der Qualitätssicherung von der einfachen Gut/Schlecht-Prüfung bis hin zur tieferen Analyse von Form- und Lagetoleranzen. WENZEL KMGs unterstützen die Erstmusterprüfung, SPC-Kontrolle, schnelle Messzyklen, vollständige Teilanalyse durch Scannen der gesamten Werkstücke und bieten Vergleichsdaten zu CAD-Modellen.  Wir sehen viele Möglichkeiten durch den Aufstieg der intelligenten Fertigung, die eine größere Flexibilität aller beteiligten Prozesse, Maschinen und Mitarbeiter erfordert -unsere KMG-Lösungen als universelle Messsysteme unterstützen diese Flexibilitätsanforderungen.

 

F: Die Mess-Sensorik hat sich in den letzten zehn Jahren von der taktilen zur optischen Technologieentwickelt. Sehen Sie, dass sich dieser Trend in Zukunft beschleunigen wird und wie passt Wenzel seine Produkte an den optischen Wandel an?

A: Die optische Mess-Sensorik hat sich in den letzten Jahren für Anwendungen der Koordinatenmesstechnik durchgesetzt und gewinnt immer mehr an Bedeutung. Nicht zu unterschätzen ist der Anteil, den die taktile Messtechnik heute noch hat und aus unserer Sicht auch in Zukunft haben wird. Wir bei WENZEL sind breit aufgestellt, um unseren Kunden Multisensor-Messgeräteanzubieten, die ihren spezifischen Anforderungen gerecht werden. Wir bieten100% optische Lösungen wie unseren MSCAN Handscanner oder unseren CORE, der mit einem proprietären Weißlichtsensor ausgestattet ist und somit berührungslos und sehr schnell misst. Der Lebenszyklus eines WENZEL KMGs kann leicht 20-30 Jahre umfassen, daher konzentrieren wir uns darauf, eine große Auswahl an optischen Sensoren für unsere Geräte anzubieten. Dies ermöglicht es unseren Kunden, auf optische Lösungen umzusteigen, wenn sie dies für notwendig erachten. Nebenunseren eigenen Sensoren arbeiten wir mit Spezialisten wie NIKON und KREON zusammen, um unseren Kunden hier eine große Auswahl bieten zu können. Wir sehen aber auch, dass viele Kunden zwar sehr schnell messen wollen oder eine hohe Datendichte benötigen - dafür sind optische Systeme prädestiniert - aber auch auf Genauigkeit nicht verzichten können. Mit dem 5-Achsen-Messsystem REVO von Renishaw bietet WENZEL ein hervorragendes Produktivitätswerkzeug an, das extremschnell, mit hoher Datendichte und Genauigkeit in einer Lösung messen kann.

 

F: Wo liegen die technologischen Grenzen der aktuellen KMGs, die behoben werden müssen, damit das KMG seine Rolle in den datengesteuerten Fabriken der Zukunft erfüllen kann?

A: Ich sehe im Moment keine technologischen Grenzen, sondern eher zu viele Insellösungen in Bezug auf Datenaustausch und M2M-Kommunikation.Wir brauchen offene Standards, wir brauchen Standards, die von allen Partnern in der Fertigungsdatenkette umgesetzt werden, um Daten schnell und sicherauszutauschen, aber vor allem brauchen wir eine vergleichbare Interpretation der verfügbaren Daten. WENZEL arbeitet gemeinsam mit vielen anderen Partnern mit dem VDMA an einem Industriestandard auf Basis von OPC UA, was sicherlich ein erster Schritt ist. Diese Bemühungen werden erst dann wirklich Früchtetragen und sich auszeichnen, wenn die Industrie es nicht mehr zulässt, dass Herstellerstandards anstelle von offenen Standards durchgesetzt werden.

 

F: Die Computertomographie gewinnt immer mehr an Bedeutung für die zerstörungsfreie Prüfung und die Maßkontrolle von Teilen und Baugruppen. Sehen Sie, dass Computertomographen die Rolle der traditionellen KMGs zu untergraben beginnen? Ist die CT-Technologie eher für bestimmte Branchen geeignet? Sehen Sie, dass sich die Inline-CT-Prüfung immer mehr durchsetzt?

A: Die Computertomographie ist in der Metrologie angekommen! Das ist eine gute Sache, und es war ein langer Weg. In erster Linie freut sich WENZEL über die Akzeptanz von industriellen 3D-CT-Anwendungen in der Fertigungswelt, denn wir arbeiten seit 2008 in diesem Bereich und haben einen langen Weg hinter uns. Unsere Erfahrungen haben uns gelehrt, dass CTs die klassischen KMGs größtenteils nicht ersetzen, sondern gezielt ergänzen werden; der Fokus der Messung liegt dabei auf den inneren Strukturen, wo ein klassisches KMG gar nicht eingesetzt werden kann. In einigen Bereichen - vor allem in der Inline-Messtechnik - konkurriert die CT-Technologie mit optischen Messzellen; in den nächsten Jahren wird sich zeigen, in welchen Anwendungen sie sich durchsetzen wird. CTs werden zunehmend in allen Branchen eingesetzt, aber derzeit liegt der Schwerpunkt sicherlich auf der Prüfung von Kunststoffen, Multimaterial-Verbundwerkstoffen, einsatzkritischen Komponenten in der Luft-und Raumfahrt, der Medizintechnik und Teilen, die mit additiven Fertigungsverfahren hergestellt wurden.

 

F: Die KMG mit horizontalem Arm waren einst das "Arbeitspferd" der Blechprüfung in der Automobilindustrie. Tragbare Arme waren die ersten, die das horizontale KMG herausforderten, und in den letzten Jahren hat der 6-Achsen-Roboter mit optischer Abtastung einen weiteren Einfluss ausgeübt. Welche Rolle wird das Horizontalarm-KMG Ihrer Meinung nach in den nächsten zehn Jahren spielen?

A: Im Bereich der Blechprüfung in der Automobilindustrie hat es in den letzten Jahren viele Veränderungen gegeben. Und ja, viele verschiedene Technologien haben sich entwickelt und die klassischen horizontalen Messarme in Frage gestellt. Wir beobachten derzeit einen deutlichen Anstieg der Nachfrage im Bereich der Horizontalarm-KMGs. Diese aktuelle Nachfrage kommt sowohl von unseren traditionellen Kunden in diesem Bereich, aber vor allem auch aus dem Umfeld der Elektroautoentwicklung und- Produktion, was uns zeigt, dass unsere modernen Horizontal-KMGs auch in Zukunft einen Platz haben werden. WENZEL Horizontalarme verfügen hier oft über Kombinationen von taktilen und optischen Sensoren und bieten deutliche Genauigkeits- und Langzeitstabilitätsvorteile gegenüber roboterbasierten Lösungen. Wir sehen die portablen Arme hier nicht wirklich als Konkurrenz; für den schnellen und flexiblen Einsatz ist ein portabler Arm sehr gut geeignet, aber für die wiederholbare Verifikation in einer Serienproduktion gibt es zu viele Fehlerquellen, um sich ausschließlich auf die Daten des portablen Messarms zu verlassen.

 

F: Wenzel ist vor kurzem auf den Markt für Zahnradmesstechnik zurückgekehrt und hat eine neue Reihe von Produkten und Softwarelösungen eingeführt. Was war die treibende Kraft hinter dieser Geschäftsinitiative?

A: Der Verzicht auf das Zahnradgeschäft war ein Zugeständnis, das bei der Aufteilung des Unternehmens unter den Familienmitgliedern gemacht wurde. WENZEL blieb aber als Systemlieferant der Liebherr-Getriebetechnik am Markt aktiv. Strategisch wollten wir uns nie aus diesem Markt zurückziehen, und ich freue mich, dass wir wieder dabei sind. WENZEL verfügt heute über eine komplett erneuerte Hard- und Softwarelösung. Wir sind überzeugt, dass wir mit unserer voll integrierten und auf einander abgestimmten Hard- und Softwarelösung eine hervorragende Lösung für den heutigen Getriebemarkt haben. Eine weitere Motivation war die Tatsache, dass wir mit unserem gesamten Produktportfolio Zahnräder messen und bewerten können.  WENZEL ist der einzige Hersteller, der Zahnräder nicht nur auf einem speziellen Zahnradprüfgerät, sondern auch auf "normalen" KMGs mit oder ohne Drehtisch und unter Verwendung eines Computertomographen analysieren kann.

Ich bin stolz darauf, dass wir mit unserer neuen GT- Serien nicht nur die Verzahnungssoftware WM | Gear und WM | Gear Analyzer einsetzen, sondern auch unsere universelle Messsoftware WM | Quartis für die Messung anderer Komponenten. Ein großer Vorteil für unsere Kunden!

Technisch gesehen könnte man also sagen, dass die WENZELVerzahnungsmessgeräte der GT-Serie das erste voll zertifizierte 3D-Messsystemfür rotationssymmetrische Teile ist. Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, wie wir versuchen, einen Mehrwert für unsere Kunden zu schaffen, entweder durchhorizontale Integration - z.B. Verzahnungsanalyse auf allen Maschinentypen -oder durch vertikale Integration - die Kombination von Verzahnungs- und echter KMG-Fähigkeit auf einem Verzahnungsprüfgerät. Und für alle Lösungen wird dieselbe Softwareplattform verwendet.

 

F: Zusätzlich zu seinem Portfolio an Standard-Katalogprodukten ist Wenzel in der Lage, maßgeschneiderte Messlösungen zu liefern. Sehen Sie, dass der Trend zu kundenspezifischen Messlösungen zunimmt, da Messsysteme zunehmend in die Fertigung integriert werden?

A: Ja. Das spüren wir jeden Tag, und wir setzen hier auch viele sehr spannende Einzelprojekte um. Gerade in der Fertigung müssen die Messlösungen so mit den Bearbeitungsmaschinen synchronisiert werden, dass die Größe des Messvolumens zu den Bauteilen passt, die Messzeit zur Taktzeit der Fertigung passt und wir unsere Maschinen bei Bedarf nahtlos in das Automatisierungskonzept des Kunden integrieren. Mit unseren sehr individuellen Möglichkeiten bei den "klassischen" KMGs, aber auch mit unseren Spezialmaschinen für den Lagerbereich ("SF-Serie") findet WENZEL immer eine passende Antwort auf die Anforderungen der Kunden.

Insgesamt erweist sich unsere hohe Fertigungstiefe als ein großer Vorteil. Wir können flexible Lösungen besser umsetzen als die meisten unserer Wettbewerber und sind auch nicht von Lieferengpässen betroffen, da wir viele Teile selbst produzieren, was sich derzeit sehr positiv auf die Lieferzeiten auswirkt.

 

F: Wir alle arbeiten hart daran, unseren ökologischen Fußabdruck zu verringern. Wenzel ist einer der wenigen KMG-Hersteller, die die Tradition der Herstellung von KMGs aus Granitfortsetzen. Wie beurteilen Sie den CO2-Fußabdruck eines Granit-KMGs im Vergleich zu seinem Gegenstück mit Aluminiumstruktur?

A: Um ehrlich zu sein, haben wir die Entscheidung, mit Granit zu bauen, lange vor der Debatte über den CO2-Fußabdruck getroffen. Wir sind überzeugt - und unsere Entwickler überprüfen dies in regelmäßigen Abständen immer wieder mit aufwendigen Analysen - dass Granit derzeit noch die beste Ausgangsbasis für ein flexibles, hochpräzises KMG bietet. Das aufwändige Bearbeitungsverfahren und der Prozess des manuellen Läppens bei WENZEL sorgt für eine sehr hohe und vor allem dauerhafte Grundgenauigkeit unserer Geräte. Doch nun zum CO2-Fußabdruck: Natürlich verursacht auch der Abbau und Transport von Granit CO2-Emissionen, nicht zuletzt deshalb verwenden wir in unserer auf den asiatischen Markt ausgerichteten Produktion in China lokalen Granit von dort. Aber ich denke, es ist unbestreitbar, dass KMGs mit Aluminiumstrukturen einen viel größeren CO2-Fußabdruck hinterlassen als unsere KMGs. Die Gesamtkonstruktion unserer Maschinen und die Genauigkeit unserer geläppten Führungen ermöglichen es, dass unsere Maschinen mit deutlich reduzierten Luftspalten arbeiten und somit einen geringeren Luftverbrauch haben -sicherlich eine Überlegung für Kunden, die nach wirtschaftlichen Systemen suchen, die ihnen auch helfen, Energie zu sparen. Insgesamt wird dies in den kommenden Jahren sicherlich eine spannende Diskussion auf dem Markt sein, wenn die Kunden der Messtechnik die Auswirkungen der verwendeten Materialien, des Energie- und Ressourcenverbrauchs und der Maschinen in ihrer Gesamtbilanzberücksichtigen müssen. In dieser Hinsicht fühlen wir uns sehr gut aufgestellt.

 

F: Wenzel scheint einzigartig zu sein, denn es ist eines der wenigen weltweit tätigen KMG-Unternehmen, das ein privates Familienunternehmen geblieben ist. Welches sind die wichtigsten Herausforderungen des Marktes, denen Sie sich als CEO stellen müssen, wenn die Pandemie-Ära in der Fertigung vorbei ist?

A: Ich habe WENZEL von meinem Vater Werner Wenzel übernommen. Mein Vater war ein leidenschaftlicher Unternehmer, der immer nur eines wollte: die besten Qualitätsmessgeräte der Welt bauen und damit eine langfristige Partnerschaft mit den Kunden schaffen. Diese Werte - dauerhafte Qualität und Partnerschaft - sorgen dafür, dass wir nicht immer die billigsten Maschinen anbieten können, aber wenn man sich die TCO (Total Cost of Ownership)anschaut, sieht man, dass es sich auch für die Kunden von Wenzel lohnt.

 

Wir bei Wenzel bleiben dieser Leidenschaft treu und gerade als Familienunternehmen mit einer sehr langen Verweildauer im Management und hochqualifizierten Mitarbeitern gelingt es uns sehr gut, diese Werte an alle unsere 600 Mitarbeiter weltweit zu vermitteln, auf dieser DNA aufzubauen und gemeinsam Qualität zu realisieren. Die Herausforderung nach Corona wird darin bestehen, unseren erfolgreichen Weg fortzusetzen und sicherzustellen, dass wir alle bestehenden und neuen potenziellen Kunden auf eine Weise erreichen, die es uns ermöglicht, den besonderen Wert der von WENZEL gebauten KMGs und aller anderen Produktlinien zu demonstrieren.

 

Natürlich verändern sich die Märkte, sie verändern sich immer schneller und werden digitaler. Hier sind wir als mittelständisches Unternehmen schneller und flexibler als große Konkurrenten. Wir freuen uns auf die nächsten Jahre und hoffen, dass wir eines Tages mit Ihnen, dem Leser dieses Interviews, in Kontakt treten können, um unser System in der Praxis zu demonstrieren.

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